In einem Land wie dem Kosovo, wo die Medien- und Meinungsfreiheit eine der größten Errungenschaften der Nachkriegszeit ist, darf diese Freiheit angesichts der Herausforderungen der digitalen Realität nicht in Frage gestellt werden. Im Gegenteil: Sie erfordert mehr Engagement – vom Rat der Printmedien, vom Bildungssystem, aber auch von den Bürgern selbst.
Nie zuvor gab es im Kosovo mehr Medien, und gleichzeitig war es nie schwieriger, an Informationen zu gelangen. Medienprodukte, die dem öffentlichen Interesse dienen und ethische und professionelle Standards respektieren – nicht nur inhaltlich, sondern auch formal – gehen oft im endlosen Strom anderer Inhalte auf digitalen Plattformen unter. Vieles davon hat nichts mit Journalismus zu tun, obwohl es als solcher dargestellt wird.
Dies dient nicht nur der Ablenkung des Publikums. Begünstigt durch die Algorithmen der großen Plattformen werden Inhalte, die lediglich Aufmerksamkeit erregen sollen, höher eingestuft und dadurch sichtbarer. Und das ist nicht immer harmlos – oft überschreitet es die Grenzen der Manipulation, selbst wenn es um Themen von großer Bedeutung geht.
In einem Land wie dem Kosovo, wo die Medien- und Meinungsfreiheit eine der größten Errungenschaften der Nachkriegszeit ist, darf diese Freiheit angesichts der Herausforderungen der digitalen Realität nicht in Frage gestellt werden. Im Gegenteil: Sie erfordert mehr Engagement – vom Rat der Printmedien, vom Bildungssystem, aber auch von den Bürgern selbst.
Heute gibt es zwei verschiedene Medienprofile: Das eine informiert, das andere profitiert und/oder manipuliert. Inhalte, die auf Fakten, Kontext und Ausgewogenheit basieren und professionellen Standards entsprechen, generieren keine Einnahmen und können daher kaum überleben. Bis zur Banalität vereinfachte Texte, provokante Schlagzeilen und Geschichten, die eine Meinungsaufdrängung fördern oder nur oberflächliche Neugier wecken, bringen Klicks, Verbreitung und hohe Einnahmen.
Dieser Kontrast treibt den Journalismus in eine doppelte Krise: eine finanzielle und eine ethische.
Doch was passiert, wenn sich das System, das die Werte des professionellen Journalismus schützen soll, nicht an die digitale Realität anpasst? Die Bewertung von Journalismus wird heute nicht mehr an der sozialen Wirkung oder der Qualität der Informationen gemessen, sondern an der Anzahl der Klicks, der Verweildauer auf der Seite und den Reaktionen in den sozialen Netzwerken. Diese Marktlogik hat das Publikum vom informationsinteressierten Bürger zum Konsumenten schneller und oft unbewusster Inhalte gemacht.
Es stellt sich die Frage: Wie kann ein Medienunternehmen, das seine Standards aufrechterhält, finanziell überleben? In Ländern mit großen Märkten ist das Wirtschaftsmodell des Qualitätsjournalismus durch technologische Plattformen, die den Großteil der Werbeeinnahmen absorbieren, erschüttert worden. Medienunternehmen erforschen neue Formen der Nachhaltigkeit. Im Kosovo, wo der Werbemarkt ohnehin klein ist, stehen professionelle Medienunternehmen – insbesondere solche, die als Unternehmen und nicht als NGOs registriert sind – unter dreifachem Druck: einem ständig schwächelnden Werbemarkt, unfairem Wettbewerb und mangelnder Unterstützung durch Geldgeber. Hinzu kommen die ungünstigen Verteilungsbedingungen, die von den Algorithmen globaler Plattformen diktiert werden.
Gleichzeitig gewinnen sensationelle und unethische Inhalte an Bedeutung. Die Öffentlichkeit verliert dadurch die Fähigkeit, zwischen verlässlichen Nachrichten und scheinbaren Nachrichten zu unterscheiden. Dies führt zu einer noch größeren Gefahr: der Normalisierung von Desinformation als Teil des alltäglichen Diskurses. Und wenn Desinformation alltäglich wird, beginnt sogar die Wahrheit zu relativieren.
Dies hat auch eine Kategorie von „Journalisten“ hervorgebracht, die ethische Grundsätze als „alten Journalismus“ bezeichnen – starr und ungeeignet für das Zeitalter sozialer Netzwerke. Ein gefährliches Missverständnis, das im Namen technologischer Entwicklungen dazu neigt, die Werte zu relativieren, die Journalismus von Propaganda oder Klatsch unterscheiden. Informationen zu überprüfen, Nachrichten von Meinungen zu trennen, die Privatsphäre zu respektieren und Hassreden zu vermeiden – das sind kein Luxus der Vergangenheit, sondern universelle Notwendigkeiten. In dieser Realität bleibt die Selbstregulierung auf der Grundlage des Ethikkodex die Hoffnung, dass der Beruf seine Bedeutung nicht verliert. Sie ist zudem der beste Weg, die Medienfreiheit zu schützen, da sie Zensur und politische Einflussnahme vermeidet.
Der Kosovo Press Council (KPMC) fördert und überwacht als Selbstregulierungsmechanismus seit zwanzig Jahren die Umsetzung des Ethikkodex. Er ist kein Medienpolizist, sondern eine Anlaufstelle, an der sich Bürger und Medien selbst für professionelle Standards einfordern können. Seine Entscheidungen sind nicht strafend, sondern tragen das Gewicht der öffentlichen Meinung und sind moralisch legitimiert. Genau das ist sein Zweck: die Idee am Leben zu erhalten, dass Journalismus vor allem eine öffentliche Dienstleistung ist.
Dies ist jedoch ohne ein sensibilisiertes Publikum nicht möglich. Medienbildung ist kein Luxus mehr, sondern eine Notwendigkeit. Jeder Bürger sollte in der Lage sein, die Quelle zu analysieren, den Zweck der Inhalte zu verstehen und professionelle Berichterstattung von Manipulation zu unterscheiden. Dies erfordert die Zusammenarbeit von Schulen, seriösen Medien, der Zivilgesellschaft und Institutionen. Medienbildung sollte früh beginnen – bereits im Kindergarten. Schulen sollten lehren, wie man die Medien versteht, wie man echte Nachrichten erkennt und wie man sie von Fake News oder Manipulationen unterscheidet. Nur so kann eine verantwortungsbewusste und kritische Gesellschaft entstehen.
Ein wirksames System der Selbstregulierung und echte Medienerziehung machen den Unterschied. Dies erfordert jedoch Willen und Engagement aller Beteiligten: Die Medien müssen transparent und professionell sein; Bildungseinrichtungen müssen Medienerziehung in den Lehrplan aufnehmen; die Bürger müssen selektiv vorgehen und manipulierte Inhalte ablehnen, und zivilgesellschaftliche Organisationen müssen zur Bewusstseinsbildung beitragen.
Im Kosovo, wo die Medienfreiheit eine der wichtigsten Errungenschaften ist, müssen wir mehr für ihren Schutz tun – nicht durch Einschränkung der Meinungsfreiheit, sondern durch Verbesserung ihrer Qualität und Aufklärung der Bürger, damit sie diese Freiheit verstehen und verantwortungsvoll nutzen. Nur so können wir Medien aufbauen, die dem öffentlichen Interesse dienen, und eine Gesellschaft, die informierte und verantwortungsvolle Entscheidungen trifft.
(Die Autorin ist Chefredakteurin der Koha Group und Vorsitzende des Kosovo Press Council (KMShK). Dieser Artikel wurde im Rahmen des Projekts „Unsere Medien“ verfasst. Die in diesem Dokument geäußerten Ansichten und Meinungen sind ausschließlich die des Autors und spiegeln nicht unbedingt die Ansichten und Meinungen der Europäischen Union wider. Das regionale Projekt „Unsere Medien: Initiative zur Förderung von Medienerziehung, Dialog und Aktivismus“ wird mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union von folgenden Partnerorganisationen umgesetzt: SEENPM, Albanian Media Institute, Mediacentar Sarajevo, Kosovo Press Council, Montenegrin Media Institute, Macedonian Media Institute, Novi Sad School of Journalism, Institute for Peace und Bianet.)