Arberi

Schmitt: Die Reaktion auf die Geschichte zeigt den demokratischen Entwicklungsstand einer Gesellschaft

Oliver Schmidt

In einer offenen Diskussion zwischen dem Publizisten Veton Surroi und Professor für Südosteuropäische Geschichte an der Universität Wien, Oliver Schmitt, wurde im PIKË-Podcast das Thema albanischer Geschichtsmythen und die Notwendigkeit ihrer kritischen Überprüfung angesprochen.

Surroi warf die Frage auf, ob die albanische Gesellschaft in der Lage sei, im 20. Jahrhundert konstruierte Mythen – wie etwa die Figur Skanderbegs, die illyrisch-albanische Kontinuität oder die Idee einer Überwindung der Religion im nationalen Aufbau – anzufechten und neu zu interpretieren. Er stellte fest, dass jeder Versuch, diese Mythen zu revidieren, in der öffentlichen Meinung große Emotionen hervorgerufen habe.

In seiner Antwort betonte Schmitt, dass die Art und Weise, wie eine Gesellschaft auf wissenschaftliche Ergebnisse reagiert, den Stand ihrer demokratischen Entwicklung widerspiegelt. Ihm zufolge ist die Gesellschaft im Kosovo und in Albanien im Vergleich zum Beginn dieses Jahrhunderts stabiler und zeigt weniger emotionale Reaktionen auf historische Fragen, obwohl diese immer noch bestehen, insbesondere in interethnischen Kontexten wie in Mazedonien.

Schmitt betonte, dass die Unabhängigkeit und nationale Identität des Kosovo heute stärker gefestigt seien als in der Vergangenheit, als die Angst vor ausländischer Manipulation groß gewesen sei. Er fügte hinzu, dass das Interesse an Geschichte nachlasse, was auf eine ruhigere und selbstbewusstere Gesellschaft hindeute.

Am Beispiel der Figur Skanderbegs betonte Surroi die Notwendigkeit, von der romantischen Interpretation, in der Skanderbeg als Einiger der Albaner und „Athlet Christi“ angesehen wird, zu einem realistischeren Ansatz überzugehen. Schmitt erklärte, dass Skanderbeg zwar die Absicht hatte, mit Unterstützung des Papstes ein Königreich Arbëria zu errichten, die politische Realität der Zeit jedoch viel komplexer war und mächtige regionale Führer sich seiner Dominanz oft widersetzten, wie dies im Fall von Lekë Dukagjini der Fall war.

Schmitt betonte jedoch, dass die Idee der Schaffung eines einheitlichen Staates existierte und dass Skanderbeg diesen politischen Anspruch vertrat, auch wenn er in der Praxis nicht vollständig verwirklicht wurde.

Lesen Sie andere Updates
PUNKT mit Veton Surroin: Gast Oliver Schmitt

PUNKT mit Veton Surroin: Gast Oliver Schmitt